Hotel & GV Praxis 3/99

Zwei junge Damen sorgen für den alltags-tauglichen Einsatz von Illusionen.

Eine uralte Kunst, die Dekorations- und Illusionsmalerei, wird von zwei jungen Handwerkerinnen wieder belebt. Früher war es jedoch nur Mäzenen vorbehalten, sich täuschend echte Scheinlandschaften, perfekt imitierte Naturmaterialien und Stilleben in jeder erdenklichen Spielart an die Wand malen zu lasen. Zwei Jungunternehmerinnen beweisen mit ihrer neuen Interpretation des Handwerkes erfolgreich, das die Kunstart heute nicht nur in Palästen, sondern mannigfaltig zum alltagstauglichen Einsatz kommen kann. Von Privat bis hin zu Hotellerie und Gastronomie von der Nasszelle bis zum Speisesaal, der Hotellobby oder der Hotelswimmingpoolanlage. Seit zwei Jahren lassen die beiden Kunsthandwerkerinnen professionell - und für jedermann erschwinglich - eine alte Kunst wiedererstehen, die im europäischen Barock ihren Höhepunkt erlebte: Die Dekorations- und Illusionsmalerei, französisch "trompe l'oeil", zu deutsch profan "Augentäuscherei" genant.

Sophie Trauttmansdorff, ausgebildete Diplom-Ingenieurin(FIT) für Innendekoration, bekam während ihrer Ausbildung zur Kunsttischlerin beim malerischen Nachahmen von Holztäfelungen und -strukturen, erste Einblicke in die Technik. Nachdem Sophie Trauttmansdorff ihre Bestimmung im "trompe l'oeil" fand und das künftige geschäftliche Potential erkannt hatte, holte sie sich, gemeinsam mit ihrer Partnerin Stephanie Hoyos, die nötige Perfektion bei einem Spezialstudium im Ausland.

Trauttmansdorff: "Trompe l'oeil ist die Kunst, eine Illusion der Wirklichkeit, auf Leinwand oder Wände gemalt, widerzuspiegeln." Tropische Urwaldszenerien, exotisch-farbenprächtige Landschaften, wogende Meere, wellendurchpflügte Korallenriffe, Flora und Patina, Holz, Marmor, Gestein und Metalle - der Phantasie des Auftragsgebers sowie der täuschend echten Imitation von Materialien oder Motiven, strukturiert und mittels Pinselstrich plastisch anschaulich gemacht, sind dank dem Können der Handwerkerinnen keine Grenzen gesetzt . Moderne Materialien , verbunden mit dein Einsatz der bewährten Handwerkstechniken ermöglichen Hoyos und Trauttmansdorff ihre Arbeit für jeden erdenklichen Ort geeignet zu machen.

Zinshäuser, Schwimmbäder oder Hotelhallen

Hoyos: "Hotel-Schwimmbäder, Entrees in Zinshäusern, Speisesäle, Hotellobbys, Schlafzimmer; wir können jeden Kundenwunsch erfüllen, von einer einfachen imitierten Holztäfelung über eine illusionistisch vorgetäuschte Bibliothek bis hin zum Zimmer mit gemalter Fernsicht."

Ziel der beiden ist es, für ihre Auftraggeber eine gemütliche Atmosphäre oder optische Vergrößerungen kleiner Räume zu schaffen. Selbst winzige Nassräume wachsen durch die Kunstfertigkeit von Hoyos und Trauttmansdorff zu endlosen ozeanischen Weiten, bei denen nur mehr das fehlende Wellenrauschen die Authentizität des Meeres verbietet; kleine Gästezimmer mutieren durch Trug und Schein an der Wand zu prächtigen Rennaisance-Palazzi. Die Kunsthandwerkerinnen haben die elitäre Kunst zur Alltagstauglichkeit erhoben.

 

Schon die Höhlenmenschen machten es

"Die Ursprünge der Dekorations- und Illusionsmalerei liegen in der Bemalung von Urzeithöhlen", so die studierte Innenarchitektin Trauttmansdorff. In der Antike entwickelten Hellenen und die latinischeu Völker, allen voran die Römer und Etrusker, die Technik der optischen Täuschungsmalerei zur ersten Perfektion. Plinius der Ältere berichtete von einem griechischen Maler Zeuxis, dessen täuschend gemalte Imitationen von Trauben gar hungrige Vögel anlockten. Noch heute kann man in Pompeji die hohe Fertigkeit der Alten bewundern.

Im 17. und 18. Jahrhundert erlebte die wiedererstandene Dekoratiotismalerei ihre neue Hochblüte. Besonders in Frankreich, in Italien und Belgien stand das Farbenspiel mit der Illusion in hoher Gunst. Kaum ein Château oder Palazzo, die nicht dekoriert wurden. Sogar die bekannt sittenstrenge österreichische Kaiserin Maria-Theresia ließ sich in Schönbrunn Illusions-Zimmer von Meister Bergel anfertigen. Auch das Empire und das Biedermeier liebten die Effekte-malerei. Ein hervorragendes Beispiel der Epoche in Österreich ist der Wintergarten des Geymüller-Schlössels in Wien.

Neben privaten Aufträgen - der erste war übrigens die Gestaltung eines privaten Schlafzimmers, wie Sophie Trauttmansdorff schmunzelnd erwähnt -beweisen sich die beiden auch bei größeren Aufträgen. Etwa bei der maßstabsgetreuen künstlerischen Imitation der Außen-Fassade des Melker Pavillons, anläßlich einer Veranstaltung. Unternehmen und Gastrono- miebetriebe zählen ebenfalls zu den Kunden. Gerade dort, in öffentlichen Bereichen, kann diese Kunst den räumlichen Gegebenheiten einen persönlichen Ausdruck verleihen und zum vielbestaunten Unikat machen.

Etwa im Restaurant "Pukel- preiner", einem Journalistentreff in Wien, wird so mancher Gast wohl nicht vermuten, daß die Altwiener Holztäfelung an der Wand "nur" gemalt ist. Auch das Gourmetrestaurant LandArt Tanglberg" von Carlo Wolff in Vorchdorf in Oberösterreich wurde von den beiden Jungunternehmerinnen veredelt. Ein österreichisches Nobelhotel von Weltruf steht demnächst auf der Referenzliste.

Das Atelier von "Hoyos und Trauttmansdorff Illusions- und Dekorationsmalerei" liegt bei Wien. In dem ehemaligen Stall entstehen die Kunstwerke der jungen Damen auf Leinwand. Auch unter härteren Bedingungen wird gewerkt. Trauttmansdorff: "Bei manchen Aufträgen arbeiten wir stundenlang auf meterhohen Stahlgerüsten." Je nach Beschaffenheit der Wand und Endzweck werden unterschiedliebe Materialien verwendet, traditionelle Ölfarben, heute gebräuchliche Lacke oder Acrylfarben.

Damit werden faszinierende Effekte erzielt und es gibt unbegrenzte Möglichkeiten, Träume und Räume verblüffend zu gestalten.

Verrechnet werden Pauschalpreise: Ab 950,- Schilling pro Quadratmeter für einfache Effekte; Dekorationsmalereien schlagen sich mit 2.000,- Schilling (pro Quadratmeter) zu Buche; hinzu kommen etwaige Spesen.

Herbert Aigner