Luxus aus Wien II - Czernin Verlag

ILLUSION ZUM GREIFEN NAHE

Stephanie Hoyos und Sophie Trauttmansdorff - Illusions- und Dekorationsmalerei

Stephanie Hoyos und Sophie Trauttmansdorff haben optische Täuschungzu ihrem Beruf gemacht: Mit einer alten Technik lassen sie Balustraden, Unterwasserlandschaften und tropische Wälder entstehen.

Man macht die Tür des Gartenzauns hinter sich zu, lässt im Vorgarten das Begrüßungsgebell   der Hunde über sich ergehen - und schon ist man mittendrin: im ehemaligen Pferdestall. Hier, in Vösendorf  beiWien, in einer Landwirtschaft, befindet sich das Atelier zweier ?künstlerischer Handwerkerinnen", wie sich Sophie Trautt-mansdorffund Stephanie Hoyos selbst definieren. Die jungen Frauen zeigen auf die Rückseiten von riesigen Staffeleien und Holzplatten, es riecht intensiv nach Farbe und Klebstoff: ?Hier und im ausgebauten Dachgeschoß arbeiten wir", heißt es unisono - aber man sieht nichts. Doch dann packen sie zu, drehen die drei Meter hohen Wändteile herum - und plötzlich verwandelt sich alles in ein Paradies: Der Himmel ist weit und blau, ein Vogel fliegt über einen gepflegten Blumentopf, und zwei Papageien führen einen Dialog auf einer weißen Brüstung. Das ist die Art der Illusion, für die Trauttmansdorff und Hoyos verantwortlich zeichnen.

Mit ihrer perspektivischen Dekorationsmalerei haben sie seit Beginn ihrer geschäftlichen Partnerschaft im Jahr 1997 das Handwerk der ?Augentäuscherei", des im 17. Jahrhundert besonders beliebten ?Trompe 1'oeil", wiederbelebt. ?Die Ursprünge der Illusions- und Dekorationsmalerei liegen in der Bemalung der Urzeithöhlen", erzählt Sophie Trauttmansdorff, ?und in der Antike haben dann die Römer und Etrusker die optische Täuschungsmalerei perfektioniert". Wieviele Besucher sich bei vermeintlichen Türen oder ?optischen" Fenstern mit Ausblick ihre Kopfbeulen geholt haben, das kann die 29-Jährigen aber nicht sagen.

Eigentlich sollte sie Landwirtin werden, aber nach ihrem Studentenjob beim Einrichtungshaus ?Viktor Steinwender" hat sie einer anderen Neigung nachgegeben. ?Ich habe in Imst in Tirol die HTL-Fachschule für Innenarchitektur und Tischlerei abgeschlossen und anschließend als Kunsttischler in gearbeitet." Ihre heutige Geschäftspartnerin hat sie in Brüssel im Rahmen ihrer Ausbildung kennen gelernt: ?Wir haben am ,Van der Kelen-Institut de Peinture Interieur' in Belgien beschlossen, etwas gemeinsam zu machen. Und da wir dort die Imitation von Marmor und Holz und auch die Technik des ,Trompe l'ceil' erlernt haben, war die Richtung klar", so die 25-jährige Jungunternehmerin Stephanie Hoyos. ?Besonders in Frankreich, in Italien und Belgien war das illusionäre Farbenspiel im 17. und 18. Jhdt. nicht auf diese Art dekoriert wurden. Sogar Kaiserin Maria Theresia ließ sich in Schönbrunn ein Illusionszimmer anfertigen."

Besonders stolz sind die jungen Frauen auf eine internationale Ausschreibung, die sie vor einiger Zeit gewonnen haben: Im Sommer 2001 verbrachten sie drei Monate in Petersburg, wo sie an der Renovierung des Palais Mihailowski (ein Teil des ?Russian State Museum") mitarbeiten konnten. ?Es ist unglaublich zu sehen, mir wie wenigen Werkzeugen, Geräten und Maschinen man dort heute noch - zwölf Jahre nach der Öffnung - auskommen muss", staunt Trauttmans-dorff. ?Der große Gewinn dabei ist, dass die russischen Handwerker noch immer die Techniken ihrer Vorfahren beherrschen", ergänzt Hoyos. In Petersburg jedenfalls konnten die Wienerinnen ihre Talente einbringen und eine Technik dazuzulernen , die nur mehr ganz wenige europäische Künstler beherrschen ? die Produktion von Kunstmarmor.

?Kunststein war billiger und schneller vor Ort zu fertigen, das haben viele Bauherren und Palastbesitzer zu nutzen gewusst", gibtTrautt-mansdorff Über diese Materie Bescheid. Die Technik heißt ?Scaglio-la" (Alabaster) oder ?Stucco lustro" (glänzender    Stuck): Diese bunt gefärbte Paste ? mehr ist Scheinmarmor in seinem Anfangsstadium nicht - wird ?schleudernd" aufgetragen, die Fläche danach mit warmem Wachs Übergossen, abgeschabt und poliert. ?Die Handwerker in St. Petersburg waren ein Erlebnis für sich: Freundlich und zugleich stolz auf ihr Erbe haben sie fast übermenschlich geschuftet."

Auch wenn sich die Referenzliste wie ein Auszug aus dem Gotha liest - hier ist jeder Kunde König. Denn nur er oder sie bestimmt, wohin die jeweilige illusionäre Flucht gehen soll - ob man etwa von der Bettkante des winzigen Schlafzimmers auf einen Balkon blicken oder gleich in einem imaginären Swimmingpool Abkühlung suchen Urwaldszenerie ziehen soll - alles ist möglich.

?Es  gibt nur Unikate", sagt Hoyos: ?Nach einem Lokalaugenschein entsteht der Entwurf, anschließend wird mit Acryl- oder Dispersi-onsfarbe in traditioneller Manier ,al seeco', also direkt auf den Putz, gemalt." Von drei Tagen bis zu drei Wochen dauert die Verwirklichung: Der erste Durchgang besteht aus der grundlegenden Komposition, dann folgt die Flächenausarbeitung und zuletzt die Feinarbeit am Detail. ?Motive aus Fauna und Flora sind ebenso beliebt wie virtuelle Bibliotheken-wo natürlich dann nicht alle Bücher aufrecht stehen, wie halt auf einem echten Bord", schmunzelt Trauttmansdorff.

Die beiden wünschen sich, dass künftig Hotellerie, Gastronomie und Seminarveranstalter vermehrt auf Illusionsmalerei setzen - auch als Incentive für deren Kunden: Das Cafe Sacher in Innsbruck  beispielsweise hat bei Trauttmansdorff und Hoyos eine Wand als Blickfang bemalen lassen: DieGäste in Innsbruck blicken auf die Fassade des Hotel Sacher in Wien, inklusive Fahnen im Wind.

?Amüsant war der Privatauftrag, einen verstorbenen Hund nach Vorlage wieder an seinen Lieblingsplatz im Zimmer zu malen", lächelt Hoyos verlegen. Doch das ist  wahrscheinlich genau so lustig als im intimen Nassbereich einer  Wohnung zu sitzen, in Mitten von bunten Fischen und spitzen Korallen, und nach einer Rolle zu greifen - die nur Illusion ist.

Stephanie Hoyos and Sophie Trauttmansdorff- Illusionist and Decoration Painting

ILLUSIONS OF YOUR OWN

Stephanie Hoyos and Sophie Trautmansdorff make optical illusions their profession, using an old technique to create balustrades, underwater landscapes and tropical forests. Once you get past the garden fence and a dog  barked welcome to the farm, you're there: in the former stables. "We work here and in the converted attic,"explain the two artist-craftswomen, Sophie Trauttmansdorff and Stephanie Hoyos, as they turn huge boards around to show  painting. Suddenly the place  is a paradise. A bird flies across a wide blue sky, two parrots converse on a white balustrade. Trauttmansdorff and Hoyos create wall painting that gives the illusion of perspective. " Trompe l'oei", the art of deceiving the eye, was especially popular in the 17th Century, but Sophie Trautrmansdorff says the idea goes back to cave painting. She was supposod to have been a farmer, but studies in interior architecture and furniture-making led elsewhere. She and Stephanie Hoyos met in Belgium while learning how to imitate marble und wood and to paint trompe l'oeil. They are especially proud of having taken part in renovatiting Palais Mihailowski, part of the Russian State Museum in St. Petersburg. There they learned  how to make artificial marble on the site, a skill few artist master. Most of their clients are aristocrats. But every customer is a  king and decides  on the kingdom to be created; a balcony, sea or jungle where none